Führungskräfte sind richtungsweisende, herausragende Persönlichkeiten und prägen die Organisation, der sie vorstehen.
Wenn Sie bei dieser Aussage innerlich genickt haben, dann haben Sie noch ein sehr traditionelles Bild von Führung vor Augen. Es ist das Bild von dem Manager und Unternehmenslenker als Macher, der den Überblick, die Deutungshoheit und selbstverständlich auch immer die Kontrolle über die Lage hat. Dieses Bild führt dazu, dass im Management und auch bei vielen Unternehmern der Glaube verbreitet ist, dass »Training on the Job« ausreicht, um die eigenen Führungsfähigkeiten zu verbessern – falls das überhaupt notwendig ist.
Eine Studie zum Thema Führung unter 1.500 Managern aus Europa hat ergeben, das 24 Prozent der befragten Manager bisher an überhaupt noch keiner Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen haben. Und im DIW Führungskräftemonitor 2010 ist zu lesen, dass nur 50 Prozent der Führungskräfte in den letzten drei Jahren an berufsbezogenen Lehrgängen oder Kursen teilgenommen haben. Das bestätigt, dass anscheinend viele Manager davon überzeugt sind, bereits ausreichende Kenntnisse über Führung zu besitzen. Tatsächlich zeigen Forschungsergebnisse, dass sich noch gut 80 Prozent der Führungskräfte auf Führungsprinzipien verlassen, die auf Verhaltenskontrolle beruhen. Somit ist Führung in vielen Unternehmen immer noch eine Frage der Hierarchie und Kontrolle.
Frank Kohl-Boas, Personalchef von Google für den deutschsprachigen Raum und Skandinavien hat zu diesem Thema ein klares Statement abgegeben: »Wenn Sie Leadership als Hierarchie-Level verstehen, machen Sie etwas grundfalsch«. Das hört sich nicht mehr nach dem unfehlbaren Manager an der Spitze der Organisation an. Sollte diese Aussage stimmen, können wir davon ausgehen, dass es in Deutschland eine eher schlechte Führungskultur gibt. Die Frage, die sich nun stellt, lautet, welche Fertigkeiten und Einstellungen werden das erfolgreiche Leadership von morgen prägen? Und muss sich überhaupt was ändern? Führung auf Basis von Hierarchie und Kontrolle hat sich doch schon immer irgendwie bewährt. Was sind also die Gründe, warum sich die Führungskultur in Zukunft ändern sollte?
Diese Fragen möchte ich in den nächsten Beiträgen zu den Themen Future Leadership und New Work beantworten. Was sind die Gründe, warum sich die Führungskultur in Zukunft ändern wird und was sind die Erfolgsprinzipien, die einen Leader der Zukunft auszeichnen werden? Dabei werfen wir auch einen Blick auf die aktuellen Erkenntnisse aus der Neurobiologie und -psychologie. Denn in unzähligen Führungsratgebern wird immer wieder gern beschrieben, wie einfach das alles sein kann, wenn nur bestimmte Regeln oder Tipps befolgt werden. Dabei wird dann allerdings auch immer vorausgesetzt, dass die Menschen des 21. Jahrhunderts ganz andere Menschen sind als die des 20. Jahrhunderts. Es wird vorausgesetzt, dass sich Vernunft und Weisheit bei uns Menschen im neuen Jahrtausend parallel zur Entwicklung der nächsten Chip-Generation verbessern. Leider ist das ein Trugschluss, denn auch wenn wir das nicht wahrhaben möchten, so sind wird in den letzten 20.000 Jahren weitestgehend dieselben geblieben.
Allerdings finden sich durch die Erkenntnisse der Neuropsychologie, die in den letzten 10 bis 15 Jahren enorme Fortschritte gemacht hat, bei vielen Fragestellungen zum Leadership der Zukunft neue, überzeugende und spannende Erklärungen. Diese Erkenntnisse werden auf jeden Fall helfen zu verstehen, das Führung häufig nicht am bewussten »bösen« Willen der Beteiligten scheitert, sondern die Gründe dafür ganz woanders zu suchen sind.