In den letzten zwei Wochen habe ich Ihnen zwei Erfolgsfaktoren – Wertschätzung und Perspektivwechsel – für die Zukunft Ihres Unternehmens vorgestellt. Kommen wir nun zu dem dritten und letzten Faktor:
Storytelling
Erzählen Sie Ihre Geschichte! Wer sind Sie, was machen Sie und vor allem: warum machen Sie das, was Sie machen? Erzählen Sie sowohl Geschichten über Erfolge, als auch Geschichten über das Scheitern, und was Sie daraus lernen konnten. Das ist es, was die Menschen hören wollen. Seien Sie Held, Mentor und Vorbild.
Wir brauchen mehr Geschichten von gutem, positiv gelebtem Unternehmertum, und vor allem von Unternehmen, die soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Denn die traurige Wahrheit ist, dass Unternehmer in Deutschland extrem schlecht angesehen werden. Der Grund dafür sind die ständigen Negativschlagzeilen über Unternehmer wie Anton Schlecker, die das Bild des rücksichtslosen, nur auf seinen eigenen Vorteil bedachten Unternehmers festigen.
Menschen sehnen sich jedoch immer häufiger nach der Sinnhaftigkeit in dem, was sie tun, und sie wollen in Unternehmen arbeiten, die sich gesellschaftlich engagieren. Bestätigt wurde dies durch eine Studie der Manpower Group Deutschland: 86% der Befragten würden eine Anstellung in einem Unternehmen bevorzugen, das sich für das Gemeinwohl einsetzt, und für 83% spielt das umweltbewusste Handeln eine wichtige Rolle, beispielsweise durch die Einsparung von Ressourcen oder die Minimierung des CO2-Verbrauchs. Ein positives Unternehmensbild stärkt somit u.a. die Mitarbeiterbindung, steigert ihre Motivation und fördert die Rekrutierung von neuen Arbeitskräften, was letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens sichert.
Es ist also an der Zeit, dass der deutsche Mittelstand endlich zeigt, dass er in vielen Fällen längst soziale und ökologische Verantwortung übernommen hat, und damit eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzt. Suchen Sie die Heldengeschichten in Ihrem Unternehmen und schreiben Sie diese auf. Denn Heldengeschichten wecken Emotionen, und ohne Emotionen läuft gar nichts. Seit Neurowissenschaftler vor ein paar Jahren bestätigt haben, dass keine unserer Entscheidungen rational ist, sondern alle Entscheidungen emotional gefällt werden, wehren sich gegen diese Erkenntnis nur noch Ingenieure.
Doch leider halten sich viele Unternehmen zu sehr an die Bibel. Dort steht schließlich in Matthäus 6,1–4: »Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen lassen, wie es die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von den Leuten gepriesen werden.« (Das stammt aus der Bergpredigt, für die unter Ihnen, die sich nicht so gut auskennen). Womöglich haben manche Unternehmer Angst, als Heuchler verkannt zu werden. Dabei hebt gerade die Bibel gute Taten besonders hervor. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass hier wohl der Ursprung des Storytelling liegt, um möglichst viele Menschen vom Christentum zu überzeugen. Dies beweist, dass gute Geschichten genau der richtige Weg sind, um vom Kopf direkt in das Herz zu gelangen.
Die Kirche muss es ja wissen: Das Unternehmen existiert seit gut 2000 Jahren. Und macht jährlich einen Umsatz in Milliardenhöhe. Allerdings beschäftigt es dafür allein in Deutschland mehr als 1 Million Menschen. Der Politologe Carsten Frerk hat einmal versucht, den Besitz der beiden großen Kirchen in Deutschland zu schätzen. Er kam auf 435 Milliarden Euro – 150 Milliarden in Geld und Aktien, 220 Milliarden in Immobilien (ohne Kirchen) und 65 Milliarden in Stiftungen und anderen Vermögenstiteln. Glauben Sie, die hätten das geschafft, ohne jemals darüber zu reden, was der Unternehmensgründer und andere Führungspersönlichkeiten des Unternehmens Tolles geleistet haben? Denken Sie an die Heiligen der Katholischen Kirche, all die Wunder, die es gegeben haben soll und vor allem auch, was diese Wunder alles bewirkt haben. Und was sind die Geschichten der Kirche über ihre Märtyrer anderes als Heldengeschichten, die aussagen, dass Menschen lieber gestorben sind, als ihr Unternehmen zu verraten? Wer hätte nicht gerne so engagierte Mitarbeiter?
Vermutlich hätte die Kirche nicht den gleichen Erfolg gehabt, wenn sie damals lediglich bekannt gegeben hätte: „Unser Unternehmensziel ist die Nächstenliebe, wir wollen in diesem Segment global expandieren. In den nächsten Jahrhunderten werden wir die größte Religionsgemeinschaft weltweit sein. Neue Mitglieder sind dazu verpflichtet, die im Anhang abgedruckten zehn Gebote jederzeit einzuhalten. Frauen sind von Führungsaufgaben ausgeschlossen, Quotenregelungen sind nicht relevant. Bei guter Führung gibt es die Aufstiegsmöglichkeit in den Himmel. Im Sündenfall und bei Entlassung müssen wir Sie leider in die Hölle und ins Fegefeuer verbannen.“ Klingt nicht besonders erstrebenswert, oder? Das Ganze noch als STP (Steintafel-Präsentation) mit eingemeißelten Bulletpoints. Stattdessen haben die ersten Christen Geschichten erzählt. Denn ansonsten hätte von dieser Gemeinschaft nie jemand außerhalb des damaligen Judäa irgendetwas mitbekommen. Und die beste Marketingstrategie war, diese Geschichten niederzuschreiben, um eine noch größere Verbreitung zu erreichen.
Es lohnt sich, Geschichten zu erzählen, die davon handeln, dass Sie etwas Gutes getan haben. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass die Kommunikation nie den Maßnahmen vorauseilt oder dazu eingesetzt wird, andere Wahrheiten zu verschleiern. Erzählen Sie Ihre Geschichten. Zeigen Sie der Öffentlichkeit ein positives Bild von Unternehmern, die in der Lage und willens sind, soziale Verantwortung zu übernehmen, eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzen und viel bewirken können. Wenn Ihr Unternehmen soziale Verantwortung mit den drei Kernelementen Wertschätzung, Perspektivwechsel, und Storytelling übernimmt, können Sie einen enormen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben – und damit die Zukunft gewinnen.
Mehr zum diesem Thema können Sie in meinem Buch »Sinnstifter – Wie Unternehmen davon profitieren, soziale Verantwortung zu übernehmen« erfahren.
Jürgen Schöntauf: Sinnstifter, Campus-Verlag
ISBN 978-3-593-50575-6, 39,95 Euro